Liebe Gisela,
in Deiner letzten Mail an mich hast Du (zurecht) beklagt, wie schwer spanisch manchmal sein kann. Ich wollte Dir den Link zu dem Lied "Noches de Boda" von Joaquin Sabina (con letras) schicken. Mit diesem Text hättest Du ohne Weiteres den Gebrauch des Subjuntivos verstanden. Und nicht nur das, die Worte passen so sehr zu Dir, dass ich sie Dir widmen will:
Que el maquillaje no apague tu risa,
que el equipaje no lastre tus alas,
que el calendario no venga con prisas,
que el diccionario detenga las balas.
Que las verdades no tengan complejos,
que las mentiras parezcan mentiras,
que no te den la razón los espejos,
que te aproveche mirar lo que miras.
Que el corazón no se pase de moda
que los otoños te doren la piel,
que cada noche sea noche de bodas,
que no se ponga la luna de miel.
Wir waren uns einig, dass wir nicht wissen, was uns nach dem Tod erwartet, aber wir gingen davon aus, dass nichts sein wird, dass wir einfach nicht mehr da sind und wir fanden das beide irgendwie tröstlich. "Haben oder sein" heißt ein Buch, das wir beide gelesen haben. Du hast Dich für das Sein entschieden, mehr kann an mit dem Leben nicht machen, es hat sich alles gelohnt.
Du warst streitbar (ich musste das am eigenen Leib spüren, wenn wir politisch verschiedener Meinung waren) und auch empfindsam, Du warst großherzig, voller Empathie für diejenigen, denen es nicht so gut ging, kanntest keine Vorurteile gegenüber Nationen und Rassen, hattest aber durchaus klare Vorstellungen, wer in Gesellschaft und Politik Achtung verdient und wer nicht. Du warst ein sehr klarer Mensch.
Liebe Gisela, ich bin froh, Dich über so viele Jahre hinweg gekannt zu haben und ich bin dankbar dafür.
Ich denk an Dich, Karl.